Die Katze die ihr Glück sucht by Elke Seidel

Die Katze die ihr Glück sucht by Elke Seidel

Autor:Elke Seidel [Seidel, Elke]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Books on Demand GmbH
veröffentlicht: 2015-11-04T16:00:00+00:00


Bei Jo im Garten

Eine Woche später, als Elke Überstunden abbummelte, fuhr sie mit uns quer durch die Stadt in den Ortsteil Sossenheim, wo unsere Freundin Jo einen gro ßen Garten hat. Wie üblich zierte sich Rüdiger mitzukommen, aber unsere Dosine war stärker als er.

„Rüdi, stell dich nicht wieder so an“, sagte sie. „Jo gibt ein Gartenfest, zu dem ich eingeladen bin. Ich werde hingehen, egal ob du nun mitkommst oder nicht.“

„Ei, geh doch“, erwiderte meine Freund keck. „Dagegen hab’ ich doch nichts!“

„Rüdiger, du musst auch mal wieder rausgehen, um frische Luft zu schnappen“, meinte unser liebster Mensch.

„Nee, das muss ich nicht!“, entgegnete er bockig und fauchte. „Wozu soll das gut sein? Frische Luft gibt’s auch bei uns daheim im Hasenpfad. Die kann ich abwechselnd auf dem Küchen- und dem Wohnzimmerbalkon schnappen. Dazu muss ich nicht vorher noch endlos lange unterwegs sein. Frische Luft gibt es auch in unserem Garten, unter den Fliederbäumen, den Holunderbüschen, den Linden, den Himbeersträuchern und dem Quittenbaum.“

Um die Diskussion zu beenden sagte ich schnell: „Elke, ich komm’ gern mit. Endlich einmal wieder raus aus der eigenen Bude, etwas Zerstreuung vom täglichen Einerlei und viele neue Leute treffen. Das ist ganz nach meinem Gusto.“

Ob Jo ihre Schnurrbacken Mausi und Lumina in den Garten mitbringen würde? Auf einen Gedankenaustausch mit ihren beiden Katzen freute ich mich sehr.

*

Gesagt, getan. Es war ein sonniger Sonntag, als Elke gegen Mittag ihr Fahrrad belud. Ich saß wieder vorn in meinem Körbchen auf meinem neuen Kissen und mein Freund in seiner Drahtbox hinter uns auf dem Gepäckträger. Am Lenker baumelten zwei Stofftaschen. In einer befand sich in einer Tupperdose ehemals Vegetarisches, das unsere Dosine noch in letzter Minute versucht hatte mit einigen Geflügelwürfeln zu veredeln. In der anderen Tasche waren alle möglichen Sorten, mit einem Bundmesser in gewellte Scheiben und Stücke geschnittenes Gemüse, das sie auf den Grill legen wollte.

Schon frühmorgens hatte unsere Dosine Hühnerbrüste gekocht. Sie gab uns, als sie abgekühlt waren, einen Teil davon zum Frühstück. Das restliche Fleisch schnitt sie in kleine Reiterchen und mengte es unter Käsewürfel, Abschnitte von Stangensellerie, Weintrauben, Apfelstückchen und Zwiebelringe. Darauf kippte sie einen großen Becher Yoghurt, diverse exotische Gewürze und den Saft einer Zitrone. So ersäufte und verdarb sie das qualitativ hochwertige Hühnerfleisch, das jetzt leider nicht mehr essbar war. Zumindest nicht von Rüdiger und mir.

*

Zuerst radelten wir zum Südbahnhof und fuhren dann mit dem Lift zu den Gleisen nach oben. Als die S3 kam stiegen wir ein. Die Bahn war bereits gut besetzt. Mit einer Hand hielt Elke ihr Fahrrad fest und mit der anderen klammerte sie sich an eine Haltestange. Umfallen konnte sie nicht, dazu war es in der Bahn zu voll. Um die vielen Leute, die sich aneinander quetschten, ein bisschen zu unterhalten, stimmte ich an der Haltestelle Konstabler Wache das Lied der Gefangenen an, das ich am Vorabend in der Glotze gehört hatte. Bis dahin war mir Giuseppe Verdi mit seiner Oper Nabucco unbekannt gewesen. In der Sendung Deutschland sucht die Super-Stimme wurde das traurig-schöne Lied von einem Chor gesungen:

„Flieg, Gedanke, getragen von Sehnsucht, lass’ dich nieder in jenen Gefilden.



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